«Ich will mit Büchern zu tun haben, aber auf eine andere Art und Weise», sagt Manuela Schöbi dazu, wieso sie vor rund 12 Jahren den Beruf wechselte: Von der Buchhändlerin zur Bibliothekarin. Ihre Liebe zu Büchern begleitet die Rheintalerin ihr Leben lang. Doch der Verkauf von Büchern gab ihr keine Erfüllung mehr. 2012 begann sie als Bibliothekarin zu arbeiten und übernahm 2018 die Leitung der Bibliorii in Altstätten. Im Gegensatz zum Buchverkauf, bei dem die Kunden oft wenig Zeit und eine klare Erwartungshaltung haben, ist der Kundenkontakt in der Bibliothek entspannter. «Die Leute nehmen sich mehr Zeit», erklärt Manuela Schöbi.
Seit Manuela Schöbi in der biblioRii ist, konnte sie einige grosse Veränderungen miterleben und prägen. Die Bibliothek ist umgezogen und hat 2021 das Prinzip der Open Library eingeführt. Das bedeutet, dass die Leute die Bibliothek auch ohne anwesendes Personal mit einem Badge nutzen können – morgens ab 6 Uhr und bis abends um 10 Uhr. «Das läuft extrem gut», betont Manuela Schöbi. Dieser Strategiewechsel hin zur Selbstbedienung hat dazu geführt, dass das Bibliotheks-Team nun mehr Zeit für Aufgaben hat, bei denen es sich verwirklichen kann. «Wir sind primär da, um zu beraten, haben so aber auch mehr Zeit für die Recherche und den Einkauf.» Zuvor waren sie und ihre Mitarbeitenden fast ausschliesslich mit der Ausleihe und Rücknahme von Büchern beschäftigt.
Bibliotheken mit Wow-Effekt
Für Manuela Schöbi steht fest: Aus solchen Veränderungen entstehen Chancen. Diese Erfahrung machte sie mit der biblioRii. Auch die Neue Bibliothek St.Gallen verkörpert für sie eine Chance. «Ich würde mich sehr freuen, wenn Kanton und Stadt ein solch geniales Projekt bekommen würden.» Manuela Schöbi verspricht sich daraus einen echten Mehrwert für die Bevölkerung. Sie habe in Skandinavien schon Bibliotheken gesehen, die sie zum Staunen brachten. «Diese Bibliotheken sind Aufenthaltsorte, Lernorte und Treffpunkte in einem – mit Wow-Effekt!», sagt sie begeistert. So wünscht sie sich auch die Neue Bibliothek St.Gallen: «Es soll nicht elitär sein, sondern für alle.» Manuela Schöbi hofft, dass es eine Bibliothek wird, die Räume für Veranstaltungen und Aufenthalte bietet, und dass man Bücher auch ausserhalb der Öffnungszeiten ausleihen kann.
«Die Bibliothek als dritter Ort»
Ein Projekt wie die Neue Bibliothek St.Gallen könne viel bewirken. Das Projekt zeige die moderne Seite ihres Berufs. «Die Neue Bibliothek wird Menschen das Bibliothekswesen näherbringen», ist sie überzeugt. Dazu müssen sich Bibliotheken ihren Platz in der Zukunft sichern und mit der Zeit gehen. Sie sollen mehr bieten als nur die Ausleihe – sie sollen ein Ort der Begegnung sein. Manuela Schöbi wünscht sich, dass Bibliotheken als «Dritter Ort» gesehen werden: als gesellschaftlicher Knotenpunkt, an dem Lernen, Inspiration und soziale, kulturelle und digitale Teilhabe zusammenkommen.
Buchtipp:
Manuela Schöbi empfiehlt «Baumgartner» von Paul Auster. «Man muss sich darauf einlassen – es ist wunderbare, schöne Literatur», sagt sie über ihr aktuelles Lieblingsbuch.